Das Feuer

Es war dunkel. Auch die Zeit schien dunkel zu sein, war hier von Freude wenig zu spüren. Draußen hielt sich kaum mehr einer auf. Wenn man einen sah, so schauten einen misstrauische, traurige und ängstliche Augen an. Und so wurde auch nicht miteinander gesprochen. Der Streit lag auf den Straßen und ja, auch in den Häusern konnte man ihn vernehmen. Jeder beharrte auf sein Recht und sorgte sich nur um sein eigenes Wohlbehagen. Eine verlassene Stadt, irgendwo. Keiner wollte dort leben und so bewohnten sie die Stadt auch nur, ohne zu leben.
Eines Tages kam ein Wanderer daher! Er sah so anders aus und das allein war schon ein Grund, misstrauisch zu sein! Sie verschlossen die Türen und schauten mit ängstlichen Augen verstohlen aus dem Fenster und verfolgten jeden Schritt, den er in der Stadt tat, solange er in ihrem Blickwinkel war. Sie huschten von Fenster zu Fenster, bis er nicht mehr in Sichtweite war. Ein Wispern füllte den Raum, leise, damit sie nicht gehört werden, tauschten sie ihren Argwohn aus. „Was will der hier? Kann er nicht wo anders hingehen? Ich habe nichts zu geben, bei mir braucht er nicht um Almosen zu betteln! Hat er nichts besseres zu tun?“ Uns so weiter und so weiter..was das Misstrauen eben so zu bieten hat.
Als man glaubte, er habe die Stadt verlassen, kamen die Menschen wieder aus den Häusern, um sich über diesen seltsamen Wanderer auszulassen. Und kein gutes Wort blieb auf ihm. Manche erfanden sogar noch Geschichten, dass er ein Dieb sei, hätten sie doch mit eigenen Augen gesehen, wie er sich einfach ein Ei von den Hühnern nahm! Oh der Zorn stieg an und wenn man sich sonst über alles uneinig war, hierin nicht!
Doch plötzlich, wie aus dem Nichts, trat der Wandersmann in ihre Mitte! Wo war er hergekommen? So wurden die Augen groß und entsetzen machte sich breit! Hatte er etwa gehört, was sie über ihn zu wissen meinten? Betretene Ruhe kehrte ein und nur noch vereinzelt hörte man ein aufgeregtes Flüstern!
Der alte Mann, in einen weißen Umhang gehüllt, so gar nicht schmutzig, eher strahlend und fast leuchtend, schaute mit einem klaren Blick in die Runde. Es sah so aus, als blitzten seine Augen und ein helles, warmes Licht ging von ihnen aus. So fühlte sich jeder berührt, wenn der Blick auf ihn fiel. Und sie fühlten sich nicht wirklich wohl, denn das, was sie berührte war so ganz anders als das, was sie ihm gegeben hatten. Es kam ein wenig Scham bei dem ein oder anderen auf und andere versteckten sich hinter einem, damit dieser seltsame Blick nicht auf sie fallen konnte.
Der Fremde blieb noch kurz still, während sein Blick über die angesammelte Menschenmenge schweifte und keinen dabei auslies.
Hier ist es aber dunkel und kalt!“ durchschnitt er mit seiner Stimme die Stille! Und sie schauten sich gegenseitig an und bemerkten, dass sie tatsächlich nicht viel mehr als die leeren Augen im anderen sehen konnten. Alles andere verschluckte die Dunkelheit. Es war, als ob sie dies erst jetzt bemerkten und es fühlte sich für viele von ihnen sehr sehr komisch an, wenn sie es auch nicht benennen konnten.
Habt ihr den kein Licht?“
Die Antwort war stiller als die Stille und es fühlte sich so drückend und schwer an, wie Blei auf den Schultern.
Doch ein kleiner Junge trat aus der Menge heraus und ging zielstrebig auf den alten Mann zu und begann gleich zu reden: „Nein, Fremder! Hier ist kein Licht!“ Und doch, als der Junge mit dem Namen Jonas, vor ihm stand, bemerkte er, dass dieser einen Lichtschein um sich hatte und den Platz erhellte! Da begann er freudig den Fremdling anzustrahlen und fragte ihn: „Bist du etwa gekommen, um uns das Licht zu bringen?“ Seine Augen glänzten vor Freude und erwartungsvoll verharrte sein Blick in dem freundlichen Gesicht seines Gegenübers.
Nun,“antwortete er: „Ich sehe, ein Licht habt ihr in der Stadt und es steht vor mir!“ Sein Lächeln wurde so breit, dass seine Augen zu kleinen Schlitzen wurden und die Freude über diesen Jungen war unverkennbar!
Habt ihr denn kein Feuer?“ fragte er in die Runde? Betretenes Schweigen…und wieder begann Jonas zu antworten: „.Weißt du, wir haben einen in dieser Stadt, der ein Streichholz und einen anderen, der die Schachtel hat, an dem man das Streichholz zünden kann. Aber sie sind verstritten und reden nicht miteinander! Weil es das letzte Hölzchen ist, vertrauen sie sich nicht! Jeder von ihnen glaubt, dass nur er das Feuer mit diesem letzten Holz zum brennen bringen könnte.“ Während er das sagte, schaute er die zwei an, sehr verunsichert, da er nun das Geheimnis ausgeplaudert hatte und nicht wusste, was ihn jetzt erwarten würde!
So so“ kam es leise aus dem Mund des Fremden und dabei rieb er sich fragend mit dem Finger an der Nase. „Und nun muss eine ganze Stadt an Dunkelheit leiden, weil zwei sich nicht einig sind? Verstehe ich das richtig?“ Jonas nickte und schaute mit großen ängstlichen Augen zu den zwei Streithähnen, die seinen Blick nicht wirklich freundlich erwiderten!
Er bat die zwei wortlos zu sich zu kommen, indem er seinen Zeigefinger krümmte und sie damit herbei winkte, wie ein Lehrer einen Schüler zu sich holt, wenn er etwas ausgefressen hat. So standen sie dann auch da, wie Schüler, die nun eine Schelte erwarteten.
Der Fremde indessen rief aus: „Wollt ihr das Licht, oder gefällt euch die Dunkelheit?“ Ein großes Geraune entstand und man hörte hier und da ein kaum verständlich gemurmeltes „Licht“. „Also wollt ihr das Licht?“, fragte erneut nach. Nun kam ein eindeutiges „Ja“ von allen. „Gut, dann geht jetzt jeder zu seinem Haus und holt ein Stückchen Holz!“
Wieder großes Raunen…“Was ist das Problem?“, fragte er nach. Und aus der Menge kam eine Stimme: „Wir dachten, du würdest uns das Licht bringen!“
Oh ja, das tue ich auch! Doch ist es an euch, ob die Dunkelheit bleibt, oder ob das Licht zu euch kommt! Also tut erst, was ich euch sage!“
Sie taten, was man ihnen auftrug, noch etwas zögerlich und widerwillig, fragten sie sich, warum er nicht einfach Licht machte, wenn er es denn könnte! Doch ging jeder zu seinem Haus, während die Zwei mit dem Streichholz und der Zündholzschachtel bei dem Wanderer blieben.
So kamen sie nach und nach zurück, jeder sein Holz fest mit den Händen umklammert, als hielten sie einen unbezahlbaren Schatz in der Hand. Ein kleines Mädchen trat etwas verschämt an den Fremden heran und sagte: „Wir haben kein Holz, doch ich war im Wald und habe ein wenig Reisig und trockene Blätter gesammelt, reicht das auch?“ Ihr Kopf war zum Boden gesenkt, nur ihre Augen schauten zu dem Fremden auf. „Du bist so wundervoll klug! Ohne Reisig und die trockenen Blätter ist es schwer, ein Feuer zum brennen zu bringen! Und du hast dich nicht darauf ausgeruht, das ihr kein Holz habt! Du hast überlegt, wie du beitragen kannst! Das ist mehr, als man von einem kleinen Mädchen erwarten würde!“ Dabei schaute er warmherzig in die kleinen Kinderaugen, die nun vor Freude leuchteten und strahlten, als hätte sie das Feuer schon in ihren Augen!
Als alle wieder zurück waren, forderte er erst das kleine Mädchen auf, ihr gesammeltes Werk auf den Platz zu legen und dann alle anderen, ihre mitgebrachten Scheite darauf zu schlichten! Wieder ging ein Gemurmel durch die Menge, denn keiner wollte der Erste sein, der seinen Scheit dort hinlegen sollte! So ergriff der Wanderer aufs Neue das Wort: „Also ihr wollt das Licht, ja? Habt ihr gedacht, ich komme und schnippe mit den Fingern, und dann geht es euch allen gut? Nein, so ist das nicht! Wer Licht will, muss es erst geben! Wie kläglich ist euer Feuer in euren eigenen Häusern, ganz für euch allein! Niemand kann es euch nehmen, fürwahr! Doch will ich euch zeigen, was ein großes Feuer bewirken kann. So hört auf, euren Geiz zu nähren und lasst euch eines besseren belehren!“
Die Stadt war wahrlich nicht umsonst so dunkel, so wie sie sich alle anstellten, einfach nur ein Stückchen Holz zu geben. Nur Jonas verstand worum es ging und legte sein Holz sanft nieder, grinste das kleine Mädchen an, und dann den Fremden. So standen die drei mit einem zufriedenen Lächeln um die angehende Feuerstelle. Der erste Funke war in dieser Einigkeit zu fühlen und es schien ansteckend zu sein. Denn nun begannen auch die anderen ihre Hölzer aus ihrer Umklammerung frei zu geben! Und mit jedem Stück Holz, das sich dort auftürmte, schien es schon heller zu werden, obwohl das Feuer noch gar nicht brannte!
Der Fremde schaute zufrieden zu, wie der Berg immer größer wurde und wandte sich dann jenen zu, die nun das in den Händen hielten, was das Feuer erst zum brennen bringen würde: „Nun brauchen wir euch!“. Die Zwei schauten sich an und fühlten sich bedrängt, denn sie waren sich einig….der andere kann das Feuer nicht zum brennen bringen! So sagte der Wandersmann: „Der kleine Jonas war der erste der mir vertraut hat und so will ich ihn belohnen und ihm mein Vertrauen schenken. So gebt dem Jungen das Streichholz und die Schachtel. Er wird das Feuer anzünden!“
Oh, große Verunsicherung machte sich wieder breit! Wie konnte er dem Jungen das Feuer anvertrauen, hatte er doch noch nie Feuer gemacht! Und so erwiderte er ihrem Zweifel: „Nun, Jonas hat etwas getan, was auch ihr noch nie getan habt. Er hat mir, einem Fremden, vertraut! Wenn er das kann, dann könnt ihr ihm auch vertrauen, dass er das Feuer anzünden kann, oder nicht?
So gab erst der eine dem Jungen das Streichholz, zögerlich, doch der Blick des Alten war so fordernd, das er ihm nicht stand halten konnte. Und auch der andere wagte es nicht, die Schachtel noch länger in seinen Händen zu halten und händigte sie dem Jungen aus. Jonas war sehr verunsichert, auch wenn er stolz war, das er ausgewählt wurde, das Feuer anzuzünden, hatte er tatsächlich doch noch nie Feuer gemacht. Er schaute den Fremden ängstlich an und suchte noch einmal die Bestätigung, das er wirklich der Richtige war. Das vertrauensvolle lächelnde Gesicht versicherte ihm dann noch einmal, das er tatsächlich gemeint war, dies zu tun! Jonas setzte das Streichholz an, und noch einmal holte er sich die Kraft dieses Blickes, der auf ihm ruhte und strich das Holz über die Reibefläche. Zischend begann das Holz aufzuleuchten und Jonas hielt die kleine Flamme an die trockenen Blätter, die sogleich Feuer fingen!
Es dauerte nicht lange, bis sich das Feuer erst in das Reisig und dann in die anderen Hölzer brannte und es hell und warm wurde!
Die Anspannung viel ab und nun konnte man die Freude fühlen, die sich breit machte. Die Zwei Männer klopften Jonas auf die Schulter und waren wirklich stolz auf ihn! Und wie sie so hinter Jonas standen, trafen sich ihre Blicke und ein lächeln huschte über ihre erleichterten Gesichter! Und Jonas stand stolz und freudig vor seinem ersten Feuer!
Das Feuer brannte hell und das Licht begann sich auszubreiten! Und so wie sich das Licht ausbreitete, sprachen die Menschen wieder und teilten ihre Freude miteinander über diese Wärme und wie hell es doch war und so wärmend!
Das kleine Mädchen, sie hieß Frieda, stand vor dem Wanderer und zupfte an seinem weißen Umhang! Er sah zu ihr herunter und schaute sie fragend an, mit einem barmherzigen Lächeln. Er nahm sie auf seinen Arm und drückte sie fest an sich und jeder konnte die Liebe fühlen, die er dem kleinen Mädchen gab!
Danke, fremder Wandersmann, dass du uns das Licht gebracht hast!“ Und er antwortete: „Ich habe euch nur den Funken gebracht, dass Licht aber habt ihr selbst angezündet! Denn jeder von euch hat dazu beigetragen, dass es überhaupt brennen kann! Mein Funke war, das ihr euch an das Licht erinnert und das es in jedem Herzen brennt! Und die kleinste Gabe, die ein jeder gibt, macht es möglich, eine ganze Stadt zum leuchten zu bringen, ja gar die ganze Welt! Nun ist die Zeit vorbei, wo nur ihr selbst euch wichtig seid. Nun habt ihr gesehen, was geschehen kann, wenn jeder gibt…denn dann geschehen Wunder, denn dann hat jeder alles!“
So wurde aus einem einfachen Feuer ein Fest für die Liebe! Es wurde gefeiert und sich gegenseitig vergeben, man umarmte und freute sich einfach, dass nun die Dunkelheit endgültig vorbei war! Und wenn auch dieses Feuer irgendwann ausging, so waren die Herzen daran erinnert, dass es nur an ihnen liegt, das Licht einzuladen, indem sie bereit waren, es zu geben!
Falls du denkst, dies ist nur eine Geschichte, will ich dir versichern, wenn du diese für dich wahr machst, wirst du eine lichtvolle Welt vor dir erstrahlen sehen!
Sehe jeden Fremden mit den Augen eines Kindes und frage dich, welchen Funken er in dir entzünden will! Empfange ihn in Freude!
Glück und Liebe können dir niemals alleine gehören! Denn Beides muss geteilt werden um sich zu mehren!
Du hast alle Macht, die Welt von der Dunkelheit zu erlösen! Deine kleinste Gabe reicht aus, um sie hell und freudig zu machen! Und manchmal musst du der Erste sein!
Frage dich nicht mehr, was die Welt dir zu geben hat, sondern frage dich, was du der Welt zu geben bereit bist!
In Liebe Nicola
Hier kannst du die Geschichte auch hören! Gelesen von Kai Brenner: Das Feuer (Du hast alle Macht die Welt von der Dunkelheit zu befreien) –  Sein Kanal: Kai Brenner-Per du mit dem Leben

2 Gedanken zu „Das Feuer“

  1. liebe Nicola, was für eine wunderschöne. herzerwärmenfe Geschichte und sososooo wshr und voller Licht und Liebe und Vertrauen! ich danke dir. dass du immer wieder mit deinen Geschichte Licht und Liebe.verbreitest und Herzen erwärmst und einlädst es auch zu tun. alles Liebe, Gabriele

    1. Danke dir liebe Gabriele! Ja, ich mag berühren, denn ein Tag ohne sich berührt zu fühlen, ist ein verlorener Tag! Und so bin ich jetzt von dir berührt! Liebsten Dank, liebe Gabriele!

Schreibe einen Kommentar zu nhadmin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert